Ein Gespräch von
Roland Schiefelbein – Gründungsmitglied der Gesamtschule Espenstraße. Zuletzt Leiter an der Gesamtschule Nettetal
mit
Clara Elsholz – 26 Jahre, Abitur an einer Gesamtschule in MG. Studiert im Masterstudiengang berufsbegleitend Wirtschaftspsychologie. Fußballerin: Torfrau, im letzten Jahr Stadtmeisterin mit SpVg Odenkirchen 05/07
Florian Winter – 19 Jahre, Abitur 2020 an einer Gesamtschule in Dormagen. Studium Luft- und Raumfahrttechnik (ab August). Initiiert ein kommunalpolitisches Praktikum für Jugendliche in Dormagen
Marie Steves-Rombey – Ehemalige Leiterin der Gesamtschule Rheydt Mülfort
Roland Schiefelbein – Woran erinnert ihr euch besonders gut, wenn ihr an eure Schulzeit denkt?
Clara – Wir hatten einen bunten Klassenverband mit allen gesellschaftlichen Schichten, stärkere und schwächere Schüler*innen mit ganz unterschiedlichen Begabungen. Unsere Lehrkräfte waren an uns sehr interessiert und äußerst bemüht, aus jedem Kind das Beste herauszuholen.
Florian – Das war bei uns auch so – ein cooler Klassenverband –, in dem das fachliche Lernen und das soziale Lernen stets gleichwertig waren. Toleranz, Respekt und gegenseitige Förderung wurden immer wieder eingeübt. Niemand wurde zurückgelassen. Das war ein sehr angenehmes Gefühl.
Marie-Luise Steves-Rombey – Alle Gesamtschulen verfolgen das Ziel, Schüler*innen bestmöglich zu fördern, allen ihren adäquaten Abschluss zu ermöglichen, ohne dass sie die Schule nochmal wechseln müssen. Soziale und Leistungsdurchmischung ist Prinzip der Gesamtschule.
Was hat euch am meisten geholfen in der Gesamtschule?
Clara – Ich fand es toll, dass jedes Kind je nach Talent und Interesse seinen eigenen Schulweg gestalten konnte. Ich konnte als sprachen- und musisch begabtes Mädchen Französisch als 4. Hauptfach wählen und in der gymnasialen Oberstufe sogar ein Buch schreiben. Naturwissenschaft und Technik liefen da eher auf Sparflamme. Im Rahmen des Ganztagsunterrichts konnten die Lehrkräfte zum Beispiel durch Unterstützung bei der Hausaufgabenbearbeitung Schwächen beheben und besondere Begabungen fördern.
Florian – Das stimmt, denn ich hatte es nicht so mit Fremdsprachen, bin aber ein totaler Technik-Freak und habe als 4. Hauptfach natürlich Naturwissenschaften gewählt. Dort reifte auch der Wunsch nach meinem Studienfach. Die Einteilung der Kinder in Grund- und Erweiterungskurse unterstützte die Bildung des Selbstbewusstseins und ebnete manchen Weg für „Spätzünder“ in die höheren Abschlüsse.
Marie-Luise Steves-Rombey – In der Gesamtschule muss man nicht die Fremdsprache als 4. Hauptfach wählen, das kann auch Naturwissenschaft, Technik oder musische Bildung sein. Gerade die Wechsel von den Grundkursen in die Erweiterungskurse ermöglichen vielen noch eine Qualifikation für die Oberstufe.
Welche Beteiligungsmöglichkeiten hattet ihr in der Schule?
Clara – Unsere Lehrkräfte haben uns mit unseren Problemen und Sorgen immer ernst genommen und uns nach und nach dazu befähigt, die Lösung dieser Probleme selbst in die Hand zu nehmen und mit anderen zusammen Lösungen zu erarbeiten. Das hat unser Selbstbewusstsein sehr gefördert und unseren Horizont erweitert.
Florian – Diese Erfahrungen konnte ich auch machen. Im Klassenrat wurde von Anfang an offen über anstehende Probleme gesprochen und nach demokratischen Lösungen gesucht. Mich hat das so begeistert, dass ich heute ehrenamtlich mit Jugendlichen in Demokratie-Projekten arbeite.
Marie-Luise Steves-Rombey – Die Selbstwirksamkeit von Kindern und Jugendlichen zu fördern, gehört zu den Grundprinzipien erfolgreichen Lernens an Gesamtschulen und ermöglicht später erfolgreiche gesellschaftliche Partizipation.
Was möchtet ihr der Politik in Mönchengladbach für die nächsten Jahre mit auf den Weg geben?
Florian – Ich bin immer sehr gerne in meine Gesamtschule gegangen, weil ich dort wirklich in allen Bereichen optimal gefördert wurde. Zu meinem guten Gefühl hat sicher auch beigetragen, dass wir von Anfang bis Ende immer mit denselben Klassenkameraden zusammen waren. Jeder konnte sich sicher sein: Egal, wie sich deine Leistungen entwickeln, du bist an dieser Schule immer richtig! Abschulen gibt es nicht. Ich kann die Gesamtschule nur jedem Kind empfehlen.
Clara – Rückblickend fand ich es besonders gut, dass wir mit Unterstützung der Lehrkräfte nicht zuletzt durch den Ganztag alle Aufgaben in der Schule erledigen konnten. Nach der Schule hatte ich wirklich Feierabend. Auf dem Weg meiner Berufsfindung hat mir sehr geholfen, dass ich schon sehr früh über schulische Projekte hautnah mit sehr vielfältigen Ausbildungsberufen und Studienmöglichkeiten konfrontiert worden war. Das führte bei den meisten Schülerinnen und Schülern zu einer klaren, durchdachten Berufs- oder Studienwahl.
Was Felix Heinrichs und die SPD für die Bildung unserer Kinder erreichen wollen:
- Jedes dritte Kind wächst in Mönchengladbach in Armut auf. Wir wollen den Teufelskreis aus Armut und Bildungsbenachteiligung durchbrechen.
- Gute, sichere und neue Arbeitsplätze und ausreichend gute, kostenlose Kitas und Offene Ganztagsplätze sind wichtige Säulen.
- Mehr Schulsozialarbeit und Angebote der Jugendhilfe in der Schule: Das hilft besonders Kindern aus benachteiligten Familien.
- Gründung einer weiteren Gesamtschule – Jedes Kind soll seine Wunsch-Schulform besuchen können.
- Unsere Schulen brauchen ein Update! Digitalisierung darf nicht vor der Schule halt machen! Wir werden die Schulen und den Unterricht aller Kinder zukunftsfähig machen. Ein stadtweites Medienkonzept für Schüler*innen und Lehrer*innen sorgt für eine rasche Umsetzung.
- „Digitalhausmeister*innen“ für Mönchengladbacher Schulen, die sich um die Einrichtung und Pflege der Computersysteme kümmern.
- Kein Kind darf durch fehlende technische Ausstattung den Anschluss verlieren. Wir sorgen dafür, dass die Fördergelder des Bundes gerecht verteilt und sinnvoll in Mönchengladbach eingesetzt werden.
- Mönchengladbacher Schulen so schnell und umfänglich wie möglich baulich modernisieren und dauerhaft instand halten.
- Konsequente Entwicklung eines Netzwerkes zwischen den verschiedenen Schulformen, Unternehmen und der Hochschule.
- Unser Mönchengladbach ist eine Stadt der zweiten oder dritten Chance: Rückschläge gehören zum Leben. Wir wollen neue Chancen geben und Menschen ermutigen und unterstützen, sich zu verwirklichen.
Dieser Artikel erschien in unserer Zeitung „Kranich“ – Ausgabe August/September 2020.
Hier gibt es die gesamte Ausgabe der Zeitung als PDF-Dokument zum Herunterladen…